Sonntag, 31. August 2008

Asante sana

Ich bin wieder gut zuhause angekommen. Dankeschön an alle, die mich in den vergangenen Wochen mit Emails, guten Gedanken, Gebeten und Wünschen begleitet haben. Hier auf der Veranda meines schönen Hauses in Lukajange saß ich oft und schrieb den einen oder anderen Blog. Danke für alle Geduld, denn schließlich mussten meine Leserinnen und Leser und ich mich mit einer englischen Tastatur begnügen. Da ich das Laptop ganz in Englisch ausgestattet habe, um in Tansania kompatibel zu sein, entfiel auch das deutsche Rechtschreibprogramm. Außerdem hatte ich keine Bücher dabei. So bekamen meine Leserinnen und Leser in den vergangenen Wochen einen kleinen Einblick durch meine frisch geschriebenen Blogs.

Danke an alle, die mich in dieser Zeit mit Rat und Tat unterstützt haben. Ich konnte auch jede Unterstützung gebrauchen. Denn eine Website unter den gegebenen Umständen zu entwickeln, war und ist ein kleines Abenteuer. Angefangen bei der Unsicherheit: Hat es Strom oder hat es keinen? Hat es eine Internetverbindung oder hat es keine? Zwischenzeitlich behinderten Hunderte von Viren und Würmern die Arbeit. Aber das ist alles „peanuts“ (Deutsch: Erdnüsse als Synonym für Kleinigkeiten) im Vergleich zu den Lebensverhältnissen in Tansania, besonders in Karagwe. Ca. 90% der Bevölkerung lebt ohne Strom – und das im 21. Jahrhundert. Wenn 3% Zugang zu Computer und Internet haben, ist das viel. Und weniger als 1% nutzen das Internet. Gerade aber die Armut in Tansania auf der einen und der Reichtum auf der anderen Seite motivieren mich, an dem Projekt dran zu bleiben.

Mein Studienurlaub geht in einer Woche zu Ende. Das Projekt „Website der Karagwe Diözese“ aber geht weiter. In der kurzen Zeit von netto sechs Wochen konnte nur das Fundament gelegt werden. Bis zum Jahresende sollte aber dann die ganze Website einigermassen stehen – sozusagen pünktlich zum 30jährigen Bestehen, das die Karagwe Diözese Anfang 2009 feiert.

Mittwoch, 27. August 2008

Uhuru-Torch - eine andere Fackel

Mittwoch vor einer Woche habe ich leider aus Zeitgruenden einen der Jahreshoehepunkte in Kayanga, der Hauptstadt Karagwes, verpasst: Das Fest mit der Uhuru-Torch (Deutsch: Freiheitsfackel). Trotzdem schreibe ich darueber, weil sie fuer Tansania wichtig ist und etwas ueber die Geschichte und die Identitaet des Landes unserer Freunde erzaehlt. Die Uhuru-Fackel bekam ihren Namen von dem Motto Tansanias: "Uhuru na Umoja" (Deutsch: Freiheit und Einheit).

Das erste Mal wurde die Fackel auf dem 5.895 Meter hohen Kilimanjaro entzuendet. Von dort aus sollte sie nach dem ersten tansanischen Praesidenten Julius Nyerere ins ganze Land scheinen und Hoffnung bringen, wo Verzweiflung, Liebe, wo Feindschaft, und Respekt, wo Hass herrscht. Um auch sicher zu stellen, dass die Fackel ueberall zu sehen ist, wurde seit den Tagen der Unabhaengigkeit der Uhuru-Fackellauf eingefuehrt.

PS.: Nicht nur die tansanische Freiheits- und Einheitsfackel, auch die olympischen Spiele sind dieses Mal total an mir vorbei gelaufen. Keine Chance! Immerhin: Bolts 200 Meter Weltrekordlauf konnte ich via TV live in Bukoba mit verfolgen und dann das eine oder andere Ergebnis im Internet. Mit anderen Worten: Ich freue mich auf London 2012, denn damals war ich in 1972 in Muenchen als Besucher dabei und dieses Jugenderlebnis hat mein Leben, meinen Glauben und meine Theologie gepraegt. Durch Olympia bin ich zu einem Oekumeniker geworden.

Respekt, Respekt

(Nachdem ich vorhin in DAR gut gelandet bin, schreibe ich noch mal ueber Ereignisse der letzten Woche). Zum Abschied wurde ich letzte Woche von Rev. Anicet, meinem tansanischen Counterpart, und seiner Familie zum Essen eingeladen. Dabei bat mich Anicet, vorher noch seinen 75jaehrigen Vater in Nyakahanga zu besuchen. Nach zwei Monaten Krankenhausaufenthalt in Daressalam war sein Vater gerade nach Hause zurueckgekehrt. 'Shikamoo' (Deutsch: 'Guten Tag oder hallo' zu einem Aelteren), so begruesste ich den 75-Jaehrigen, der darauf antwortete, 'Marahaba' (Deutsch: Einen guten Tag wuensche ich dir, dem Juengeren). So begruessen sich Juengere und Aeltere in Tansania.

So wie ich Anicets Vater begruesste, so wurde ich in den vergangenen Wochen von den vielen Juengeren hier in Tansania immer wieder begruesst. Der Statistik nach sind nur knapp 3% der Tansanier ueber 65 Jahre (anders in Deutschland: mehr als 25%) und ca. 45% sind hier unter 15 Jahren (Deutschland: 12%). Das erklaert die hohe Anzahl der Kinder (auch in der Kirche) in Tansania und die hohe Anzahl der Seniorinnen und Senioren bei uns in Deutschland. Schoen finde ich in Tansania, dass die Juengeren die Aelteren respektieren und umgekehrt. Dieser gegenseitige Respekt ergibt einen ganz anderen Umgangston. Das faengt beim Gruessen an und setzt sich entsprechend im alltaeglichen Miteinander fort.

Mit meinen 52 Jahren kam ich mir vor dem tansanischen Hintergrund der hiesigen Alterstruktur relativ alt vor. Aber ich genoss die besagte Atmosphaere des gegenseitigen Respekts. Davon koennen wir in unserer westlichen "Jugend- und Leistungskultur" einiges lernen. Meine ich.

Dienstag, 26. August 2008

Time To Say Good-bye

Seit ueber einer Woche habe ich nichts mehr in meinen Blog gestellt. Mir geht es gut – auch meinem Zeh, der mittlerweile fast vollstaendig geheilt ist. Asante sana fuer die besorgten Nachfragen und Tipps! Das naechste Mal nehme ich Jod, Kamillosan oder etwas anderes zum Desinfizieren mit, damit ich nicht wieder ein infizierten Zeh mit Kraeuter-Shampoo behandeln muss.

Time to say goodbye. In den vergangenen Tagen konnte ich deswegen nichts schreiben, weil ich mich am letzten Mittwoch von Lukajange und der Karagwe Dioezese verabschieden musste. Am Anfang ging die Zeit fuer mich so langsam vorbei und dann so rasend schnell bis die Auswertung des Studienurlaubs und das weitere Vorgehen in Sachen Website der Karagwe Dioezese in trockenen Tuechern war. 'Eine Website ist ein Prozess', sagt ein guter Freund, und wir sind mitten drin im Prozess des Ueberarbeitens. Mal sehen, was wir in der verbleibenden Zeit des Studienurlaubs bis zum 8. September 08 noch erledigt bekommen. Ansonsten sind die Kirchenleitung der KAD und ich so verblieben, dass wir in den naechsten Monaten das gute Stueck nach und nach ausarbeiten werden, so dass hoffentlich rechtzeitig bis zum dreissigjaehrigen Bestehen der KAD im Januar 2009 die Website einigermassen fertig ist. (Oh, ich hoere schon die Kommentare der Webber, der besagen: "Eine Website ist nie fertig").

Jedenfalls reiste ich am vergangenen Mittwoch, 20. August 08, zusammen mit der Biedenkopfer Delegation von Kayanga nach Bukoba, am Viktoriasee. Dann am 21. August 08 von Bukoba per Flugzeug ueber den Viktoriasee nach Mwanza, und von dort machten wir vom 22. -25. August 2008 eine Safari durch Serengeti, Ngorogoro und Lake Manyara. Wunderschoen!!! (Davon spaeter mehr).

Nach ein paar erfuellten Tagen von Natur pur (davon spaeter mehr) stellen wir uns im Moment hier in Arusha auf das Stadtleben um und das Leben mit Telefon und Internet. So kann ich vom Internetcafe des Hotels NEW SAFARI HOTEL etwas fuer meinen Blog tun, bevor ich morgen weiter nach Daressalam und von dort morgen Abend ueber Zuerich nach Frankfurt fliegen werde.

Montag, 18. August 2008

Im Krankenhaus

Heute war ich im Krankenhaus in Nyakahanga – anders als urspruenglich geplant. Eigentlich hatte ich nur vor, das Krankenhaus als Webdesigner zu betreten. Aber heute ging ich als Patient dorthin - mit einem entzuendeten Zeh und dem Verdacht einer beginnenden Infektion.

Zuerst hatte ich gedacht, dass es wieder ein Sandfloh ist, der sich bei miir einnistete. Eine aehnliche Geschichte passierte mir vier Jahren. Damals ging ich mit dem Sandflohzeh (Aeusserlich doppelt so gross wie normal) zu einem Hautarzt in Marburg. Der freute sich ueber den exotischen Besuch und tippte auf Bilharziose, mit der gar nicht zu spassen ist. Die Medikamentation ist aehnlich hammerhart wie Chinin bei Malaria, so dass ich damals zuerst ablehnte und den Rat eines Tropenarztes einholte. Dieser diagnostizierte Sandfloh, eine Geschichte, die hier in Tansania alltaeglich stattfindet und geregelt wird.

Als ich VEM-Freunden in Bukoba am Samstag meinen Verdachtsbefund ‚Sandfloh‘ per sms mitteilte, simsten sie mir zurueck: „Pole (Kiswahili:Tut uns Leid)! Mit einerdesinfizierten Nadel rauspulen und verbrennen. Oder einfach der naechsten Frau zeigen. Die hat das mit Kindern schon 100 Mal gemacht.“ Nur gab es keine Nachbarin, da alle am Samstag ausgeflogen waren. So desinfizierte ich auf dem Kerosinkocher eine Stecknadel und operierte meinen entzuendeten Zeh bei Kerzenschein und Taschenlampe (siehe Blaue Stunde in Afrika). Romantisch, nicht?

Dannach waren zwar die Schmerzen weg, aber am Sonntag nahm die roetliche Verfaerbung des Zehs drastisch zu. Gut gemeint, hatte ich den Zeh morgens noch einmal heiss gebadet, um ihn sauber zu kriegen. Dabei haette ich gut etwas Jod oder Kamillosan gebrauchen koennen, hatte aber nur beinen kleinen Rest Kraeuter-Shampoo. Und am Sonntag fand die Einweihung der neuen Kirche von Omurulama statt: Eine 6 Stunden Happening und die Haelfte davon Stehen bei sommerlichen Temperaturen. Das gab heisse Fuesse und entsprechend gluehte mein lieber Zeh abends in schoenstem Rot.

„Es ist nur eine leichte Entzuendung“, versicherte die Aerztin Dr. Furhaha, VEM Aerztin aus dem Kongo, heute morgen. Einfach etwas Jod einmal am Tag, und keine geschlossenen Schuhe tragen. Furaha bedeutet in Hausa ‚Glueck‘. Nochmal Glueck gehabt!

Sonntag, 17. August 2008

Blaue Stunde in Afrika

Man denkt an nichts Boeses, freut sich am fruehen Samstagabend auf ein Gespraech mit Zuhause via Skype (Fuer Nicht-webber: Internettelefon mit Video). Und auf einmal bleibt der Saft weg. Kein Strom. Kein Internet. Programmwechsel. Ohne jedwede Vorwarnung.

Einerseits hat das seinen Reiz – vor allem abends. Meine Familie und ich praktizieren es an jedem Adventssonntag. Die blaue Stunde. (Wir schalten dann im ganzen Haus den Strom ab). Im Uebergang von Tag zur Nacht und von der Nacht zum Tag gibt es einen Uebergang des Licht, die blaue Stunde. Nicht dass es immer eine Stunde dauern wuerde. Das haengt von verschiedenen Faktoren ab. Aber eines ist sicher: Ohne Elektrizitaet kann man diesen Uebergang am Besten beobachten. Blaue Stunde in Afrika. Idylle!?

Andererseits nervt es schon, wenn der Saft auf einmal weg ist. Vom Kopf her weiss ich, dass ich keinen Grund zum Klagen habe. Fuer 90% der Menschen hier in Karagwe ist das Leben ohne Elektrizitaet Alltag. So what? Und die anderen 10% bekamen erst 1995 Strom. Warum? Steven Kileo, der CHEMA Koordinator verriet mir den Grund: Wegen dem Fluechtlingsproblem aus Ruanda bekam die Regierung damals Geld von den Vereinten Nationen, hier iin Karagwe etwas Infrastruktur zu schaffen.

Das Leben hat immer zwei Seiten: „Blessings and challenges“ (Um Bischof Bagonza zu zitieren). Die Kunst des Lebens besteht darin, die ‚challenges‘ (Deutsch: Probleme, Herausforderungen) in ‚blessings‘ (Deutsch: Segen) zu verwandeln, oder um es mit Hildegard von Bingen zu sagen: „Die Wunden in Perlen verwandeln."

Ist das nicht Ausbeutung?

Fuer 1 grosse, frischgeerntete Ananas, 1 reife Papaya und 14 kleine, aber feine Bananen bezahle ich auf dem Markt in Omuruchaka gerade mal 1.000 Tansanische Shilling (TSH), das sind umgerechnet 0,60 € (1 Euro=1.800 TSH) – ohne zu verhandeln. Ein wahres Schnaeppchen, denn die Fruechte sind 100% Bio direkt vom Erzeuger. Wieviel wuerde ich dafuer wohl in Deutschland zahlen? (Rechnet das jemand mal aus?)

Und dann die andere Seite der Geschichte. Vor vierzehn Tagen musste ich meine Predigt fuer den Uebersetzer in Kayanga ausdrucken lassen, da bei dem neuen HP-Tintenstrahldrucker in unserem Buero die Tinte ausgegangen war. In einem Geschaeft zahlte ich sage und schreibe 500 THS fuer jede ausgedruckte Seite (Laserdrucker). Dummerweise uebernahm der PC nicht die DIN A 5 Aufteilung des Originals, so dass ich fuer acht Seiten 4.000 THS (ca. 2,20 €) berappen musste. Aber das ist noch nicht alles. Bei dem neuen HP Tintenstrahldrucker kostet eine neue Druckerpatrone stolze 45.000 TSH (ca. 23.- €) und reicht nicht mal fuer 300 Blaetter.

Ist das nicht Ausbeutung im 21. Jahrhundert! Einerseits die eigenen Agrarprodukte fuer einen Appel und Ei verscherbeln zu muessen und andererseits fuer auslaendische Industrieprodukte das Doppelte bis Dreifache hinlegen - bei schlechterer Qualitaet. So kann Afrika nie auf einen gruenen Zweig kommen.

Ein schwacher Trost: „Wegen des fruchtbaren Bodens gibt es hier wenigstens keinen Hunger“, sagt Stephen Kileo, Koordinator bei CHEMA, einem Community-Entwicklungsprogramm mit oekologischem Anspruch, das von Misereor unterstuetzt wird.

Donnerstag, 14. August 2008

"Wir wissen es nur nicht"

Bisher habe ich in Tansania fast alle Facetten des Lebens mitbekommen. Dazu gehoert halt auch der Tod. Andere Laender, andere Einstellungen, andere Riten. Als Bischof Bagonza kuerzlich beim Morgengebet von drei Sterbefaellen berichtete, bemerkte ich anschliessend auf dem Weg zum Buero zu Emmanuel Ngobya: „Das tut mir aber Leid, dass auf einmal drei Sterbefaelle zu beklagen sind.“ Darauf er: „Gestorben wird doch andauernd. Wir wissen es nur nicht.“ Wo er Recht hat, da hat er Recht.

Vor drei Tagen starb nun Emmanuels Schwiegermutter im Alter von 73 Jahren. Sie hatte im April einen Schlaganfall und musste seitdem gepflegt werden. Gestern wurde sie beerdigt. Ich fuehlte mich verpflichtet, hinzugehen. Ausserdem war ich neugierig, wie denn so eine Beerdigung hier in Tansania ablaufen wuerde. Hier in Karagwe bleiben die naechsten Angehoerigen traditionell vier Tage (!) bei der Trauerfamilie, um Abschied nehmen und den Uebergang zum ‚Das Leben geht weiter‘ zu schaffen.

Die Beerdigung selbst fand vor dem Haus statt, wo die Verstorbene lebte. Ein katholischer Priester hielt den Trauergottesdienst, da die Verstorbene katholisch war. 300 Frauen und 100 Maenner sassen auf dem Platz vor dem Haus auf dem Boden um den Sarg herum, der zu Beginn aus dem Trauerhaus herausgetragen worden war. Nach einer der Traueransprache wurde Eucharistie (d.h.: Abendmahl) gefeiert. Dann kam der Moment des Abschiednehmens. Das Kopfteil des Sarges wurde hochgeklappt und alle gingen noch einmal an dem Sarg vorbei, um ein letztes Mal Abschied zu nehmen von der Verstorbenen. Priester und Gemeinde sangen ein Auferstehungslied and gleichzeitig liessen die weiblichen Angehoerigen beim Abschied ihren Gefuehlen freien Lauf. Dass zwischendurch immer wieder mal Handys mit lebendigen afrikanischen Erkennungsmelodien laut zu hoeren waren, Kinder schrien und gestillt wurden, und sogar ein Betrunkener auftauchte, war schon beeindruckend. Das gehoert hier alles mit dazu - beeindruckend, finde ich.

Nach zwei Stunden Stehen auf einem Fleck, teilweise in der brennenden Sonne, muss ich ziemlich gezeichnet ausgesehen haben, denn ich wurde gefragt, ob ich muede sei. Asante sana! Und so bekam ich das Angebot, mitten waehrend der Beerdigung nach Hause zu fahren. Mir fiel das leicht, weil selbst Emmanuel - obwohl Schwiegersohn – auch die Beerdigung verliess, da er dringend nach Bukoba reisen musste. Ach Afrika, das Leben hat immer Recht!

Mittwoch, 13. August 2008

... und Matoke ist nicht Matoke

Danke fuer die zahlreichen Rueckmeldungen und die Frage, wie ich denn das Bananenproblem geregelt bekommen habe. Einfach so: In Erdnussoel frittierte Kochbananen mit tansanischem Rindsgulasch im feinen Erdnussspiegel mit Knobi, Zwiebeln-, Tomaten- und Paprikagemuese und, nicht zu vergessen, mit dem frischem Avocadopaprikatomatensalat. Noch Fragen?

Eines aber muss ich sagen: Matoke ist nicht Matoke, ihr Lieben! In Westafrika sind die Kochbananen zwar groesser, aber von der Konsistenz her viel trockener als die hiesigen Teile. Ohne Frage, in Nigeria habe ich auch die frittierten Scheiben genossen (Aber ich kannte ja auch nichts Besseres) – und wenn ich mich richtig erinnere, waren sie oft doch recht trocken und ohne Ketchup lief nichts.

Hier in Ostafrika, bzw. zumindest hier in Karagwe, sind die Kochbananen kleiner, aber feiner und weicher. Wenn sie in heissem Wasser ganz durchgekocht sind, kann man durch einfaches Ruehren mit einem grossen Loeffel davon Bananenbrei (Kiswahili: ndisi) zubereiten – schmeckt wie Kartoffelbrei, nur besser und viel gesuender, denn ndisi enthaelt keine keine Butter und Milch, sondern nur Natur pur. Maman Peace behauptet: „Matoka kann doch jede(r) zubereiten, weil es hier fast jeden Tag auf den Tisch kommt!“ Nein, das stimmt nicht! Ich bin in den letzten Wochen etwas in Karagwe herum gekommen. Maman Peace’s Matoke ist die Beste! Meine Goldmedaille geht an Maman Peace, Tanzania.

Montag, 11. August 2008

Banane ist nicht Banane

Hier in Karagwe gibt es aufgrund des fruchtbaren Bodens und des vielen Regens Bananen wie Sand am Meer. Aber wie unterscheidet man als Europaer die Essbananen (wie wir sie aus dem Supermarkt kennen) von den Kochbananen (die es nur hier gibt: The only and unique matoke... I really love it. Matoke is the best)?

Von der Kirchenleitung habe ich nicht nur ein Haus bekommen, sondern dazu auch eine kleine ‚shamba‘, ein kleine Plantage mit Ess- und Kochbananen, mit Avocado- und Mangobaeumen und anderen Bueschen und Dingen, von denen ich keine Ahnung habe. Im Moment werden wie vieles andere auch Bananen geerntet. Ernten? Den Bananenbaum hochklettern? Oder noch besser: Hochspringen? Oder vielleicht eine Stehleiter gefaellig? Alles Fehlansage. Mutter Natur regelt das schon selbst. Wenn es Zeit ist, gibt der Bananenbaum unter der Last der Bananenfruechte nach und knickt um. Einfach so! Nachts, wenn alles ruhig ist, klingt das so aehnlich wie ein langsames Kkkkkkkkkrrrrrrrrrrrrrrr.

Und dann liegen die Bananen in Reichweite und der neugierige Europaeer fragt sich, was er nun mit den Bananen anstellen soll. Alle Bananen sind gruen. Und von der Groesse her kann man auch nichts sagen, um welche Art es sich handelt. Leider wachsen die Bananen ohne Label. Und so koennte es passieren, dass ein doofer Europaer suesse Essbananen im heissen Wasser weich kocht.

So wurde ich von einem Nachbarn aufgeklaert. Essbananen erkennt man an den etwas helleren Blaettern (man muss schon genau hinsehen) und daran, dass die Blattstiele etwas staerker violett eingefaerbt sind. Asante sana!

Uebrigens wachsen neben den alten Bananenbaeumen schon die naechste Generation heran. Das Leben geht weiter - auch bei den Bananen.

Sonntag, 10. August 2008

Ein Sonntag wie jeder andere

Nach einer turbulenten Woche ging es einmal an einem Sonntag ruhig und normal zu. Was heisst schon normal? Das heisst ein Gottesdienst, der 1 ½ Stunden lang dauerte mit einer 20minuetigen Predigt, dann das Mittagessen zuhause ganz alleine: Spaghetti von gestern etwas aufgepeppt mit frischem Tomatenmark, dazu ein Avocado-Tomaten-Paprika Salat und als Nachtisch so etwas wie Bananeneis a la Karagwe (2 gekuehlte Bananen, 1 reife Babypapaya und etwas Milchpulver miteinander verquirlt und nochmals kurz gekuehlt). Die Avocado hatte ich nach dem Gottesdienst bei der Versteigerung geschenkt bekommen. Asante, Mama Peace!

Normal war auch der Gottesdienstbesuch in der Karagwe-Kathedrale, der groessten Kirche der Dioezese. Am Anfang waren vielleicht 40 Erwachsene und 20 Kinder anwesend. Im Laufe des Gottesdienstes fuellte sich die grosse Kirche zu einem Drittel mit schaetzungsweise mal 100 Erwachsenen und 50 Kindern. Aeltere Maenner in meinem Alter gibt es gerade mal soviele, wie man an einer Hand abzaehlen kann. „You know, men belong to the endangered species in Africa too. They do not go to church and other communal meetings and the women are taking over,” sagt Bischof Bagonza zu diesem Phaenomen. Ein solcher Sonntag ist mir durchaus recht. Denn er zeigt, dass auch hier in Afrika mit Wasser gekocht wird.

Trotzdem war der Sonntag dann so normal auch wieder nicht, denn am Schluss des Gottesdienstes kamen wieder Kinder zu mir und umringten mich. Sie freuen sich an den Fotos, die ich von ihnen mache, und ich mich auch!

Friends

So heisst das Angebot eines Internetprogramms, mit dem man alte Schulfreunde auf- spueren kann. So ein Programm wurde besonders fuer Menschen wie mich gemacht, denn durch die vielen Umzuege meiner Eltern habe ich damals fast keinen Kontakt zu meinen Schulkameradinnen aufbauen, bzw. halten koennen. Auch die weltweite Partnerschaftsbewegung fuehrt Menschen zusammen – normalerweise aus Deutschland und Tansania etc., und nun in einem Fall auch einmal Deutsche unter sich.

Denn Pfarrer Hans-Michael Bach vom Leverkusener Tansania-Freundeskreis und ich sprachen irgendwann waehrend der Partnerschaftskonsultation mit Claudia Weber ueber ihr Studium in Giessen, und zufaellig kam das Gespraech auf die Schulen in Giessen. Hans Michael liess beilaeufig die Bermerkung fallen: „Ich bin auf die Landgraf-Ludwig-Schule gegangen.“ „Ich auch,“ sagte ich, und wir finden per Zufall hier im Nordwesten Tansanias heraus, dass wir auf die ein und diesselbe Schule gingen. Wir muessen uns damals irgendwo in der Schule begegnet sein – nur kam ich in 1974 durch den Umzug meiner Eltern nach Hessen in die Klasse 12 nach Giessen, und Hans Michael war damals noch in der Klasse 11 und zog ein Jahr spaeter mit seinen Eltern nach Nordrhein- Westfalen um. Unter Freunden, denn hier in Tansania hat Partnerschaft auch mit „Urafiki“ (Deutsch: Freundschaft) zu tun, entdeckte ich so einen neuen Freund. Wie klein die Welt doch ist!

Samstag, 9. August 2008

Bless the Lord, my soul

Die Partnerschaftskonsultation der Karagwe Dioezese und der zu ihr gehorenden deutschen Partnerschaftsgruppen wurde gestern nachmittag mit einer gemeinsamen Erklaerung und einem Abendmahlsgottesdienst am gestrigen 8.8.08 in Kayanga abgeschlossen. Dekan Gerhard Failing predigte ueber Psalm 103: „Lobe den Herrn, meine Seele.“ Er beendete seine Predigt mit dem Lied Dietrich Bonhoeffers „Von guten Maechten wunderbar geboren.“

Zuerst erinnerten mich die Worte von Psalm 103 an das Taize-Lied „Bless the Lord, my soul...“, erinnerten mich an das Oekumenische Institut in Bossey, Schweiz 1983, als Schwester Heidi von der Communaute in Grandchamp uns dieses Lied beibrachte. Interessanterweise war dieses Mal das innere, lautlose Klingen von „Bless my Lord, my soul“ staerker als die Verstaerker und Lautsprecher der zwei afrikanischen Choere, die den Gottesdienst begleiteten.

Und das „Von guten Maechten wunderbar geborgen...“ habe ich auch das erste Mal in meinem Leben auf Englisch gehoert. Es klingt anders, neu. Dabei sind es diesselben Worte, die mir ein Gemeindeglied aus meiner Kirchengemeinde als als Karte mit einem Lesezeichen mit auf den Weg gegeben hatte - ein Lesezeichen, das sie vor ueber 50 Jahren geschenkt bekam und das ihr Glueck im Leben Glueck brachte: „Gott segnet beides, Liebes und Leides.“ Asante, Danke!

Donnerstag, 7. August 2008

Mein Schatz

Was macht meinen Schatz aus? In der ersten Bibelarbeit der Partnerschaftskonsultation vom 4.-8. August 2008 ging es um das Gleichnis eines Mannes, der einen Schatz findet, und dafuer alles verkauft. Polisi Kivava, UEM Mitarbeiter aus Daressalem, sagte zu mir: „Mein Schatz ist die Suche nach dem Anderen. Diese Idee faszinierte mich schon in der Schule. Ich konnte nicht genug hoeren von Menschen wie Columbus und anderen Entdeckern, die sich in eine neue Welt aufmachen, um das Andere zu entdecken.“ ... Das erinnert mich doch an jemanden.

Seit vergangenem Montag bin ich von morgens bis abends mit der Konsultation in Kayanga beschaeftigt. Morgens gehe kurz nach Sonnenaufgang aus dem Haus und abends komme ich in der Dunkelheit nach Hause. Dazwischen liegen 14 Stunden voller Begegnungen, Gespraeche, Ueberlegungen und Verhandlungen, was wir als die Karagwe Dioezese und wir deutschen Partnerschaftsgruppen in den naechsten Jahren anpeilen. Ich gehoere auch zum ‚steering committee‘, das heisst zum Leitungsquartett der Konsultation. Gestern abend sagte einer meiner Kollegen ganz richtig: „I call it a day.“

Die KAD-Fuehrung praesentiert sich mit der ueberarbeiteten Vision von einer neuen Seite: „KAD envisions a Christ-centered society that is peaceful, joyful and holistically empowered.“ Auf Deutsch: „Die Karagwe Dioezese hat die Vision einer Gesellschaft, die ihre Mitte in Christus hat und die friedlich ist, voll Freude und in ihrer ganzen Bandbreite gerecht und nachhaltig entwickelt.“
I like it.

Viel Regen, wenig Wasser

Das kann man sich in Deutschland gar nicht vorstellen, dass Wasser nicht aus dem Wasserhahn kommt. Hier in Karagwe muss 90% der Bevoelkerung ohne jedwede Wasserversorgung auskommen. Es gibt zwar genug Regen, das heisst 1000 Milliliter im Jahr (mehr als bei uns), aber die ganze Infrastruktur wie Wasserleitungen, Wasserwerke oder Klaeranlagen fehlt komplett. So bleibt den meisten (Wasserholen ist Frauen- und Kindersache) nur der Gang zu einer Wasserquelle im Tal, und sei es noch so ein verschmutzter Tuempel.

Die restlichen 10% der Menschen in Karagwe haben wenigstens kleine oder groessere Regenwassertanks, so wie bei meinem Haus. Bei der fehlenden Infrastruktur und einer Hoehenlage von 1500-1800 Meter ueber dem Meeresspiegel sind Regenwassertanks sehr hilfreich, denn es regnet ja genug - wenn es regnet. Nur sind die meisten Tanks dann nach acht Wochen ohne Regen leer.

In dieser Hinsicht hatte ich das Glueck, in ein seit vier Monaten unbewohntes Haus einzuziehen. So waren die beiden Tanks vor fuenf Wochen noch randvoll und ich gehoere damit zu den wenigen Gluecklichen in Karagwe, die genug Wasser haben und abends sogar warm duschen koennen (Siehe durch Solarwaerme). Ein Dankeschoen an die Kirchenleitung der KAD, dass ich damit mehr als genug Wasser zur Verfuegung habe.

Montag, 4. August 2008

Everlyse Kayera

... nakubatisa kwa jini na Baba na Mwana na Ruhu Mtakatifu. Amin!“ sagte ich etwas unsicher und ziemlich aufgeregt auf Kiswahili. Deutsch ware mir leichter gefallen: „Ich taufe dich auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“ Der amrikanische Name‚Everlyse‘, den Anicet und Edina im Internet gefunden haben, bedeutet: Consecreted to God, d.h. Gott gewidmet. Und Kayera ist ein traditioneller Name aus Kinjambo, bedeutet einfach: Schoen.

Mein Counterpart Rev. Anicet und seine Frau Edina hatten mich gefragt, am vergangenen Soonntag ihr erstes Kind in Kayanga zu taufen. Das habe ich gerne gemacht. Die Taufen gehoeren zu den schoensten Taetigkeiten eines Pfarrers und einer Pfarrerin – finde ich. Everlyse kam zu Welt, als ich in Tansania Ende Juni ankam. Auch das passt doch gut zusammen. "He's got the whole world in his hands...".

Freitag, 1. August 2008

Punktlandung

Die Biedenkopfer Delegation kam an und mit ihr die neueste Gemeindebriefausgabe August-September der Kirchengemeinde Wallau-Weifenbach. In diesem Fall kann man mit Respekt anerkennen, dass ihr Gemeindebrief selbst in das 7.000 Kilometer entfernte Tansania puenktlich ausgeliefert wird.

In diesem Gemeindebrief geht es um das „Unterwegs sein“, passend zu meiner Situation. Die Redaktion hat wieder einmal, so finde ich, eine gute Nummer hingelegt – und dieses Mal unter wesentlich erschwerten Bedingungen. Nachdem ich als Chefredakteur und –layouter die Visitenkarte unserer Oeffentlichkeitsarbeit in den vergangenen Jahren mit Unterstuetzung des Kirchenvorstandes und der Redaktion aufbauen konnte, freut es mich besonders, dass der Gemeindebrief trotz meiner dienstlichen Abwesenheit nicht gelitten hat - im Gegenteil.

Herzlichen Glueckwunsch an die Redaktion und insbesondere an R. Weyer. Asante sana!

Happy Birthday!

An fuer sich warten alle im Dekanat Biedenkopf darauf, ob die Delegation gut angekommen ist. Sie ist gut angekommen (siehe Partnerschaftswebsite). Deswegen schreibe ich hier ein paar Zeilen zu anderem Aktuellem. Hans feiert heute seinen 49. Geburtstag. Und Dank der Delegation konnte ich ihm einen Wunsch erfuellen: Die Sport-Kicker mit der gesamten Bundesligasaison 2008/2009. Hans hat sich sehr darueber gefreut wie ueber den Regenmesser und das Thermostat. Die Temperatur heute morgen um 8.00 Uhr betrug 23 C.

Geburtstag feiern... In Deutschland sollte man keinen Geburtstag vergessen. Hier in Tansania und ganz allgemein in Afrika spielen Geburtstage keine Rolle. Deswegen fehlt jedwede Geburtstagskultur, denkt man. Nach sechs Jahren in Nigeria hatte ich mich damals soweit angepasst, dass ich sogar meinen eigenen Geburtstag vergass. In so einem Fall ist es dann gut, eine Familie und Freunde zu haben, die einem zum Geburtstag gratulieren.

Ueberrascht wurden wir dann heute morgen beim Morgengebet von der Reaktion der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchenverwaltung. Als ich am Schluss des Gottesdienste mit einem Laecheln kurz erwaehnte, dass sich Hans ab heute in seinem 50. Lebensjahr befindet, gab es nicht eine Strophe „Happy birthday“, sondern sieben (wenn ich richtig mitgezaehlt habe). Und das Ganze endete mit den froehlichen afrikanischen Jodlern. Happy birthday, Hans!