Dienstag, 15. Juli 2008

B wie Bukoba

Am Freitag fuhren Hans, Regina und ich nach Bukoba, der Metropole im Nordwesten Tansanias. Die Stadt liegt am Nordufer des Viktoriasees und zeichnet sich durch feuchttropisches Klima aus. Deswegen wächst und treibt es. Unsere Gastgeber lieben Passionsfrüchte und so genießen wir die Früchte in allen Varianten – selbst als Blüte ein Hingucker.

Und wer weiß schon, dass in Bukoba im Jahresdurchschnitt über 2080 Liter Regen pro Quadratmeter fällt – das Doppelte bis Dreifache an Niederschlag als bei uns in Deutschland. Das feuchttropische Klima bedeutet aber auch, dass es im Vergleich zu dem höher gelegenen und etwas trockeneren Karagwe (1.100 Liter Regen pro Quadratmeter im Jahresdurchschnitt) viele Mosquitos und besonders viele – um die Anzahl genau zu beziffern, Milliarden von... – Seemücken gibt, die in grossen Schwärmen auftreten. Die Seemücken sind zwar ungefährlich, aber wegen ihrer Anzahl äußerst unangenehm. Hitchcock läßt grüßen.

Bukoba liegt am nördlichen Ufer des Viktoriasees und mit diesem grössten Süsswasserreservat der Erde ist ein Drama verbunden, wie eine ARTE-Reportage kürzlich zeigte. Zuerst gab es die an für sich gute Idee, in diesem Riesensee Fische zu züchten, die auf dem Weltmarkt verkauft werden können. Nur hat der Viktoriabarsch mittlerweile das Ökosystem des Sees völlig durcheinander gebracht. Und dem Großteil der Bevölkerung rund um den See bleiben nur die Gräten übrig, denn die Filets werden in Europa verkauft. Und an dem Verkauf verdienen nicht die Menschen hier um den Viktoriasee, sondern andere.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Die Tatsache, dass das Aussetzen und Züchten des Viktoriaseebarsches das gesamte Ökosystem des Viktoriasees zerstört hat, ist schon seit Jahren bekannt. Diese Tatsache hindert die europäische Welt und hier im besonderem uns Deutsche am permanenten Verzehr dieses zwar wohlschmeckenden Fisches nicht. Obwohl wir auf dessen Anwesenheit auf unserer Speisekarte wegen ausreichend anderem Fischangebot verzichtet werden kann!!!
Das Hauptgeschäft machen sowieso andere, die weit weg vom Viktoriasee entfernt leben und es sich gut gehen lassen und die die Bevölkerung dort und deren Wohlergehen nicht kümmert.
Wegen diesen fatalen Tatsachen ist mir der Appetit auf diesem Fisch schon lange vergangen – aber ich denke, so lange der Fisch bei uns auf dem Markt ist, werden sich auch weiterhin die Pseudogourmets darüber hermachen und sich satt und zufrieden über ihre dicken Bäuche streicheln, dabei ist es ihnen schnurzegal, wie es der Bevölkerung am Viktoriasee ergeht. Wird der Fisch bei uns einfach nicht mehr gekauft und die Händler bleiben darauf sitzen, löst sich das Problem mehr oder weniger von selbst und der Barsch kann dort gegessen werden, wo er herkommt, hoffentlich gelingt es auch, dass sich wieder eine gesunde Ökologie im See entwickelt.

Möchte bei dieser Gelegenheit auf ein mir am 01.06.2008 im Weltspiegel zu Ohren gekommenes neues, aber genauso inakzeptables und abstoßendes „Lebensmittelgeschäft“ zwischen Europa (im Bericht ging es um die Niederlande) und Afrika (Ghana) aufmerksam machen:
Da bei uns immer mehr Hähnchenbrustfilet und die daraus hergestellten „Köstlichkeiten“ verzehrt werden, bleibt natürlich das nicht so schöne und begehrte „Abfallfleisch“ wie Flügel, Innereien und Schenkel übrig. Was macht die Geflügelindustrie damit? Ironischerweise denkt man an die hungernde Bevölkerung Afrikas und exportiert es kostengünstig dort hin. Die Versorgung der Bevölkerung war bisher dort durch örtlich ansässige Geflügelbauern (Bauern und keine Barone wie bei uns) sichergestellt, jedoch etwas teurer und es gab nur ganze, lebende Hühner auf dem Markt, aus hygienischer Sicht in diesen Breiten eine sinn machende Praktik.
Die importierten Geflügelteile (ca. 40.000t allein aus Holland) aus Europa werden dort zu Dumpingpreisen verkauft. Fazit 1: kaum noch jemand kauft beim örtlichen Bauern und wegen des geringen Preises können auch ärmere Familien öfters Fleisch kaufen; Fazit 2: die Bauernfamilien wissen nicht mehr wovon sie leben sollen. Neue Armut und Not entsteht – dafür haben unsere europäischen Geflügelhersteller wieder ein gutes Geschäft gemacht, aus dem Bericht war zu entnehmen, dass bereits 90 % der ghanaischen Geflügelbauern ihr Geschäft aufgegeben haben! Wovon leben sie und ihre Familien jetzt?
Dies alles war mir bis dato unbekannt, auch ich habe hin und wieder Hähnchenbrustfilet gekauft und gegessen, seit dem Bericht ist es aber von meinem Speisezettel verschwunden: wenn Hähnchen, dann ein ganzes Hähnchen!!
Und dies alles geschieht mit Zustimmung und Abnicken der EU – man kann ja nicht alles haben - Europäischer Kolonialismus 20tes Jahrhundert lässt grüßen!